Hannibal - 3. Staffel

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HANNIBAL ist eine außergewöhnliche Serie. Sie scheidet die Zuschauer in zwei Lager; die Einen, die dem gar nichts abgewinnen können und die Anderen, welche ihr absolute Genialität attestieren. Eine Gruppe dazwischen, welche sich sonst bei fast allen Serien findet die sagt: "Kann man gucken, wenn man es verpasst ist auch nicht schlimm" sucht man vergebens.Während sich also die Zuschauer ganz klar in schwarz und weiß aufteilen gilt für die Figuren in der Serie das genaue Gegenteil. Vergeblich sucht man den archetypisch Guten mit dem man mitfiebert genauso wie den Bösen der endlich bekommen soll, was er verdient hat.
Im Mittelpunkt stehen Hannibal Lecter, der nach außen hin überdurchschnittlich kultiviert und eloquent ist und der den ihm innewohnenden Wahnsinn in die Welt trägt und auf der anderen Seite Will Graham der sich "eher bei den Aspergern und Autisten" (Zitat Staffel 1) einklassifiziert und der den Wahnsinn der Welt in der er lebt aufsaugt wie ein Schwamm, um dann in Regelmäßigkeit daran zu zerbrechen. Die beiden Akteure sind sich in der dritten Staffel nun auch des Umstandes bewusst, dass sie Yin und Yang sind.
HANNIBAL wird als Thrillerserie vermarktet. Das stimmt nur teilweise. Die Serie ist weniger Thriller als Kunst. Die Gewaltdarstellungen, die surrealen Szenen, das Verändern der Räume und die Sprünge in der Zeit lassen durchaus einen Vergleich mit "Ein andalusischer Hund" (Film von Luis Bunuel und Salvador Dali, 1929) eher zu als mit Mainstreamthrillerserien. Sämtliche Dialoge sind wohlüberlegt und ausgefeilt bis ins Letzte. Die von Hannibal dargereichten Speisen allesamt Stillleben. Natürlich konnte man die Serie nicht als "Kunst" anmoderieren - die Quoten waren ja schon als "Thriller" nicht ausreichend.
Genau an der Stelle kommt mein Kritikpunkt. Der Kunstgedanke wird leider nicht konsequent bis zum Ende durchgezogen. Ab Folge 8 der Staffel kommt es zu einem Stilbruch. Plötzlich ist man eher bemüht, tatsächlich eine Thrillerserie zu produzieren und wir sehen ein weiteres Remake des Romans "Roter Drache". Ja, man hat sich weiterhin kleine Freiheiten gegönnt, was den Ablauf und das Ende angeht; ja, die Räume verschieben sich und ja, es gibt diverse surreale Effekte - meist der Phantasie des Francis Dolarhyde entsprungen. Trotzdem liegt hier ein unnötger Bruch vor. Diese Inkonsequenz gerade im Vergleich zu den vorangegangenen Staffeln führt dazu, dass ich die Serie "nur" mit vier Sternen bewerte.
Ich wage zu orakeln, dass es keine weitere Staffel geben wird. Das ist auf der einen Seite sicherlich sehr schade, auf der anderen aber besser als ein quotenindiziertes Abrutschen in den Mainstream. Machen wir es also wie Hannibal und genießen die drei Gänge einer insgesamt hervorragenden Serie. Jeder Nachschlag könnte zu einer Übersättigung führen.